Geschichte des Strickens
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Die Geschichte des Strickens

« Ein Blick in die Vergangenheit »

Wer strickt, weiß, diese Handarbeit muss eine lange Geschichte haben. Für unsere Generation hat die Handarbeit schon immer existiert. Bereits die Groß- und Urgroßmütter haben sich ihre Kleidung gestrickt, und zwar nicht nur in schlechten Zeiten während und nach den beiden Kriegen im letzten Jahrhundert. Doch seit wann strickt man, wie sieht die Geschichte des Strickens aus und wer hat das Handwerk eigentlich erfunden? In welchem Zeitalter diese Handarbeit wirklich erfunden wurde, dazu gibt es verschiedene widersprüchliche Expertenmeinungen. Einig sind sich jedoch alle, dass ab dem Mittelalter die Geschichte des Strickens auf jeden Fall ihren Lauf nahm.

Geschichte des Strickens: der wirkliche Beginn ist bis heute unbekannt

Es ist nicht sicher, wie, wann und wo man das erste Mal strickte. Die Wissenschaftler sind sich hierbei alles andere als einig. Manche vermuten, dass man bereits in Asien in der Zeit 4000 v. Chr. mit dem Fertigen von Wollsocken mit Nadeln begann, andere vermuten, dass die alten Griechen und Römer die Kunst des Strickens erfunden haben. Die eine oder andere Strickarbeit ist aus dieser Zeit auch überliefert. So sind Fragmente aus Strick etwa auf die Zeit 300 v. Chr. zuzuordnen, die man in einer römischen Festung fand. Gestrickte Socken aus Ägypten sollen hingegen aus dem 3. Bis 5. Jahrhundert stammen. Diese fertigten laut Archäologen die Kopten, einer in Ägypten ansässigen religiösen Gemeinschaft.

Andere Wissenschaftler behaupten jedoch, dass diese Funde nach heutiger Sicht nicht einer modernen Strickarbeit gleichgestellt werden können, bei der Wolle mit Stricknadeln verarbeitet wird. Es handele sich hierbei um Nadelbindearbeiten, die früher typisch waren. Man fertigte die Kleidungsstücke aus kurzen Fäden mit einer Nähnadel.

Nähnadel aus Knochen
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Erste echte Strickkunst erst im Mittelalter

Auch gefundene eiserne Nadeln aus dem 5. Jahrhundert oder knöcherne Nadeln aus der späten Antike deuten Forscher nicht als eindeutige Hinweise auf Kenntnisse des Strickens zu dieser Zeit. Die ersten noch erhaltenen Strickwaren, die man fand, stammen aus dem 13. Jahrhundert. Man vermutet, dass die Strickkunst in Italien und Spanien ihren Anfang nahm, nachdem Araber ihre Nadelbindearbeiten mit nach Europa gebracht hatten. Hier sind verschiedene Arbeiten aus dem Mittelalter überliefert. Zu den bekanntesten gehören mit Sicherheit die Handschuhe von Papst Clemens V. Bei den Spaniern vermutet man, dass diese das Handwerk durch die Mauren erlernt haben. Diese pflegten gemäß verschiedener Forscher eine hochentwickelte Strickkunst. Ebenfalls besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Handwerk eine lange Tradition in Amerika hat, da erste Einwanderer die Gebräuche mitbrachten.

Das erste Bild, welches eine strickende Maria zeigt, ist wahrscheinlich um 1400 entstanden. Das Altarbild zeigt eine der ältesten Darstellungen mit einem Nadelspiel und weist so eindeutig auf das Stricken im Mittelalter hin.

Mittelalterliche Strickutensilien
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Handarbeit in Nordeuropa

Lange unbekannt war die Kunst des Strickens auch nördlich der Alpen. Erst italienische Kunsthandwerker, die über die Alpen nach Nordeuropa kamen und Garne, Wolle und Stricknadeln mitbrachten, führten sie ein. Im Mittelalter nahm die Geschichte des Strickens dann ihren Höhepunkt, denn hier gehörte die Strickkunst zu den Zünften und die Kleidung wurde von Männern gefertigt. Ein paar Jahrhunderte früher, um 1268, bildete sich eine Strickgilde in Paris, die sich zudem auch mit dem Verkauf der Strickwaren beschäftigte. Auch hier waren es die Männer, die das Handwerk ausübten und die Waren anfertigten.

Allerdings fertigte man beim Stricken im Mittelalter keine Kleidung für den gesamten Körper, sondern nur für die Füße und Hände. Gestrickte Socken aus Wolle waren der Hit bei den Käufern, da kalte Füße früher eine tägliche Erscheinung waren.

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Frauen übernehmen den Job

Ebenfalls im Mittelalter bildete sich ein Strickzentrum in Großbritannien aus, welches Geschichte schrieb. Im großen Stil verarbeitete man hier die Garne und die Wolle und lieferte sie in ganz Europa aus. Nachdem man das Stricken nicht mehr als Kunst sah, sondern es sich als industrielle Fertigung etablierte, übernahmen nun überwiegend Frauen die Arbeit.

Dass man in Deutschland ebenfalls strickte, zeigt sich in einer Urkunde aus dem Jahr 1600 mit einem Abbild der Hosen- und Strumpfstricker aus Nürnberg, die ebenfalls zur Geschichte des Strickens gehört.

Die Erfindung der Strickmaschine

Im Jahr 1863 erfand der Amerikaner Isaac William Lamb die erste Flachstrickmaschine, die man damals aber noch handbetrieben einsetzte. Dennoch konnte man die Strickwaren auf diese Weise schneller fertigen und die verwendeten Garne schneller verarbeiten. Hierbei handelte es sich überwiegend um rechts/rechts und Schlauch-Strickwaren, wodurch man die Socken besonders schnell fertigen konnte. Bis zum Ende des Jahrhunderts wurden Strickmaschinen für die industrielle Fertigung auch in Europa immer beliebter. Im Jahr 1880 begannen die ersten Motorstrickmaschinen ihren Einzug in den industriellen Fertigungshallen.

Antike Strickmaschine
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Im 19. Jahrhundert auch Hobby der Frauen

Wie die weitere Geschichte zeigt, erfreute sich das Handwerk nicht nur im industriellen Bereich immer mehr Beliebtheit. Auch die Frauenzeitschriften des 19. Jahrhunderts hatten den Boom entdeckt, der viele Frauen auch hobbymäßig gepackt hatte und veröffentlichten regelmäßig Strickanleitungen.

Anfang und Mitte des 20. Jahrhunderts, zur Zeit während und nach der beiden Weltkriege, bekam das einstige Hobby eine praktische Anwendung und wieder eine neue Geschichte. Alte Strickwaren wurden aufgeriffelt, um so an die Fäden und Wolle zu gelangen. Hieraus stellte man dann, oftmals auch mit den Speichen von unbrauchbaren Fahrrädern als Stricknadeln, neue Strickwaren her. Diese waren entweder als Kleidung für die eigene Familie gedacht oder man verkaufte sie. So konnte man eine knappe Haushaltskasse aufbessern.

Gerade auch im ersten Weltkrieg stellten daheim gebliebenen Frauen Strickarbeiten im Akkord her. Bereits die kleinen Mädchen lernten das Handwerk, um ihren Müttern und Großmüttern zur Seite zu stehen. So strickten sie Schals, Knie- und Pulswärmer, Mützen und Socken überwiegend für die Soldaten an der Front, aber auch für die daheim gebliebenen Familienmitglieder.

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Seit den 50ziger Jahren wieder als Hobby geachtet

Nachdem sich in der Mitte des letzten Jahrhunderts die Wirtschaft so langsam wieder beruhigte und es wieder genug Kleidungsstücke industriell gefertigt zu kaufen gab, besannen sich wieder viele Frauen darauf, dass sie einmal das Strickhandwerk erlernt hatten. Das Stricken wurde wieder, wie bereits Ende des 19. Jahrhunderts schon einmal, zum geliebten Hobby. Heutzutage sind natürlich auch Männer der Nadel mehr und mehr verfallen.

Stricken in Asien lange Zeit unbekannt

Auch, wenn mehrere Forscher vermuten, dass das Strickhandwerk in Asien schon lange bekannt war, so erlangte es gemäß der Überlieferung der Geschichte doch erst Mitte des 19. Jahrhunderts durch europäische Exporte von Strickwaren nach Japan Bekanntheit. Schnell setzte es sich in Japan und China in privaten Haushalten als Hobby durch. Auch Strickwarenfabriken errichtete man hier. Viele private Haushalte strickten ebenfalls mit Rundstrickmaschine, um Strümpfe herzustellen. Hieraus entwickelte sich die bis heute bekannte und beliebte asiatische Textilindustrie.

Frau beim Stricken
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Der Ursprung des Wortes

Als letztes stellt sich dann noch die Frage nach dem Ursprung des Wortes. Die ältesten belegbaren Wortbedeutungen dafür sind „Knoten oder Schlinge knüpfen“ sowie „binden“. Stricken leitet sich wiederum vom Wort „Strick“ ab. Im Jahr 1495 findet man dafür schließlich erstmals die Definition „die Fertigung von Textilien aus einem Endlosfaden mit Hilfe von zwei oder mehr Nadeln“.

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